12 July 2024

Trennung mit Kind – Wie du Halt gibst, wenn alles wackelt

Wenn Beziehungen zerbrechen, wankt oft das ganze Familiensystem. Besonders Kinder sind in solchen Momenten auf Orientierung, Verlässlichkeit und emotionale Stabilität angewiesen. Doch wie gibt man Halt, wenn man selbst innerlich ins Wanken gerät?


Trennungen gehören zu den tiefgreifendsten Veränderungen im Leben einer Familie. Sie wirbeln den Alltag durcheinander, erschüttern gewohnte Rollenbilder und stellen Eltern wie Kinder vor große emotionale Herausforderungen.

Gefühle wie Trauer, Wut, Unsicherheit oder Schuld mischen sich oft mit organisatorischen Fragen – und mittendrin stehen die Kinder, die spüren: Etwas Grundlegendes hat sich verändert. Gerade in dieser Umbruchphase braucht es bewusste Schritte und ein wachsames Herz, damit aus einer Krise eine echte Chance wachsen kann – für neue Stabilität, liebevolle Klarheit und inneres Gleichgewicht. Denn auch wenn das äußere Gefüge zerbricht, kann in der Bindung zwischen Eltern und Kindern etwas Bleibendes gestärkt werden.

Dein Kind braucht jetzt keine perfekten Antworten – sondern deine Nähe

In Trennungsphasen ist es oft nicht die Erklärung, die zählt, sondern deine Präsenz. Kinder brauchen jetzt vor allem das Gefühl, dass jemand für sie da ist. Du musst nicht alle Antworten haben. Wichtig ist, dass du Fragen ehrlich und kindgerecht beantwortest und Unsicherheiten aushältst. Es reicht oft, in den Arm zu nehmen, gemeinsam zu weinen oder einfach zu sagen: „Ich bin für dich da.“ Nähe schafft Sicherheit – und die ist jetzt wichtiger als Logik. Kinder spüren deine Authentizität. Es ist besser, wenig zu sagen und präsent zu bleiben, als viel zu reden, aber innerlich abwesend zu sein.

Gesellschaftliche Ideale

In Medien, Werbung und sozialen Netzwerken wird Erfolg gleichgesetzt mit Perfektion. Kinder und Jugendliche übernehmen diese Ideale – und haben das Gefühl, mithalten zu müssen. Eltern und Lehrer sind oft selbst Teil dieses Systems und geben den Druck unbewusst weiter. Likes, Follower und messbare Erfolge im Außen werden zum Maßstab für Anerkennung. So entsteht ein unsichtbarer Wettkampf um Sichtbarkeit, Anerkennung und Zugehörigkeit – der besonders junge Menschen emotional überfordert.

Gesellschaftliche Ideale

Routinen und Rituale sind wie Anker – sie geben Halt, wenn alles ins Schwanken gerät

Verlässliche Abläufe, gemeinsame Mahlzeiten, Gute-Nacht-Rituale oder feste Auszeiten mit deinem Kind sind jetzt Gold wert. Sie vermitteln: Trotz allem bleibt manches stabil. Gerade in chaotischen Phasen wirken solche Gewohnheiten wie emotionale Haltestellen. Es geht nicht um Perfektion, sondern um Kontinuität. Auch kleine Rituale wie „Ich-wünsch-dir-was“ vor dem Schlafen oder regelmäßige Spaziergänge helfen, neue Stabilität aufzubauen. Rituale dürfen sich verändern und neu entstehen – wichtig ist, dass sie wiederkehrend und verlässlich sind. So wird der Alltag wieder berechenbar und gibt dem Kind Struktur.

Dein Kind muss nicht die Verantwortung für deine Gefühle tragen – sondern Vertrauen spürenIdeale

Viele Eltern fühlen sich nach einer Trennung alleinverantwortlich für alles: Haushalt, Job, Kinder, Zukunft. Doch du darfst dir Unterstützung holen – das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Verantwortung. Ob Familie, Freunde, Lebensberatung, psychosoziale Hilfe oder ein unterstützendes Netzwerk – gemeinsam geht es leichter. Dein Kind profitiert davon, wenn es sieht: Es ist in Ordnung, Hilfe anzunehmen. Und: Auch Mama oder Papa darf mal durchatmen. Wenn du selbst Stabilität gewinnst, wird dein Kind das spüren – denn Elternsein heißt nicht alles allein zu tragen, sondern Wege zu kennen, wie man wieder ins Gleichgewicht findet.

Emotionale Stärke bedeutet nicht, keine Gefühle zu zeigen – sondern bewusst mit ihnen umzugehen

Kinder beobachten uns genau. Wenn du deine Traurigkeit oder Wut verdrängst, spüren sie das – und lernen, ihre eigenen Gefühle ebenfalls zu unterdrücken. Emotionale Stärke heißt, den Mut zu haben, Gefühle zu benennen und zuzulassen. Sag z.B.: „Ich bin gerade traurig, weil vieles neu ist – aber ich weiß, wir schaffen das gemeinsam.“ So gibst du deinem Kind nicht nur Halt, sondern auch ein gesundes Vorbild im Umgang mit Krisen. Diese Echtheit entlastet dein Kind. Es muss sich nicht länger wundern, was los ist – es darf mit dir fühlen, ohne deine Rolle übernehmen zu müssen.

Gesellschaftliches Ideal

Dein Kind muss nicht die Verantwortung für deine Gefühle tragen – sondern Vertrauen spüren

In belastenden Phasen übernehmen Kinder oft unbewusst emotionale Verantwortung. Sie möchten trösten, „brav“ sein oder dich entlasten. Doch genau das überfordert sie. Mache klar: „Du bist mein Kind, du darfst Kind bleiben.“ Deine Aufgabe ist es, für emotionale Entlastung zu sorgen, z. B. indem du dir Unterstützung holst, etwa durch Beratung, Gespräche mit Freunden oder Walk & Talk-Angebote. Wenn du innerlich klar wirst, fühlt sich dein Kind ebenfalls sicherer. Zeige deinem Kind: Erwachsene kümmern sich um Erwachsene – und Kinder dürfen spielen, fragen, lachen, traurig sein. Ohne Pflicht zur Rücksichtnahme.

Verantwortung

In Zeiten des Umbruchs ist ein liebevoller Blick oft mehr wert als tausend Worte. Denn wer gesehen wird, fühlt sich gehalten.


Fazit: Du musst nicht perfekt sein, aber präsent

Dein Kind braucht in der Trennung vor allem eines: einen Menschen, der da ist, mitfühlt und verlässlich bleibt. Es geht nicht darum, alles richtig zu machen – sondern darum, da zu sein. Wenn du dich auf den Weg machst, Halt in dir selbst zu finden, wirst du ihn auch für dein Kind geben können. Schritt für Schritt. Walk & Talk, Beratung oder stille Momente in der Natur können dir dabei helfen.

Volker Ehmann

Psychosozialer Berater

Alphalauf- & Mentalcoach